Das Team K wies bereits im Frühsommer 2020 auf die schwierigen Situationen in den Alters- und Pflegeheimen hin. Die Bewohner*innen leben isoliert, an den Rand gedrängt. Das Personal kann diese belastenden Situationen nicht alleine auffangen. Nun wurde auch eine Studie vom Institut für Allgemeinmedizin dazu vorgestellt. Nehmen die zuständige Landesrätin und der Verband für Seniorenwohnheime die Inhalte dieser Studie ernst? Werden die darin enthaltenen Handlungsempfehlungen angenommen?
Die gesellschaftliche Katastrophe rund um die COVID-19 Pandemie, die wir in so vielen Pflegeeinrichtungen erfahren, führt zu ethischen Herausforderungen. Durch die soziale Isolation und die Einsamkeit werden die Menschen, die auf eine pflegerische Versorgung angewiesen sind, in ihren kognitiven Fähigkeiten eingeschränkt. “Anhaltende emotionale Belastungen der Heimbewohner, die durch die soziale Isolation ausgelöst werden, stellen neben den vielen Komorbiditäten einen zusätzlichen Risikofaktor für ein vorzeitiges Ableben dar, da anhaltende Angstzustände und Angststörungen schädlich sind”, erklärt Dr. Franz Ploner. Die Studie “Seniorenheime in Isolation” bestätigt dies. Durch die verschiedenen Einschränkungen verschlechterte sich der physische und psychische Zustand vieler Bewohner*innen.
Auch für viele Angehörige waren die letzten Monate eine Herausforderung: Besuche waren nicht möglich, ein Abschiednehmen von den Liebsten vor ihrem Ableben ebenso nicht. “Alle Beteiligten, BewohnerInnen, Angehörige und Personal standen vor neuen Situationen, die sie in der Krise bestmöglich meisterten. Nun gilt es aber die Erfahrungen aufzuarbeiten”, sagt Maria Elisabeth Rieder. Gerade unter diesem Aspekt sind die ethischen Herausforderungen für das Pflegepersonal vielfältig und durch den jeweiligen Arbeitsbereich belastend geprägt. So müssen die Pflegepersonen in den Alten- und Pflegeheimen die soziale Isolation, die besonders am Lebensende psychisch belastend wirkt, mittragen. Der Ruf nach Supervision, vor allem nach psychologischer Unterstützung, wird unter den Mitarbeiter*innen der Seniorenwohnheime laut. Auch dies kam in der genannten Studie zum Vorschein. “Das Personal stand unter enormen Druck und sind auch weiterhin einem Spannungsfeld zwischen angemessener Pflege, Kontakt mit Angehörigen und Schutz der Bewohner*innen ausgesetzt. Das muss aufgearbeitet werden, sie brauchen dazu Unterstützung”, so Rieder.
Deshalb werden Angebote der Ethikberatung nach Unterstützung bei der Bewältigung der vielfachen Herausforderungen nachgefragt. Es erscheint sinnvoll, dass bei den Versorgungs- und Ablaufplänen wesentliche ethische Fragen erkannt und beachtet werden. Dadurch können den Mitarbeitern medizinethische Kompetenzen vermittelt und Orientierungshilfe bei drängend-belastenden, klinisch-ethischen Fragen gegeben werden. “Vor allem dem Patientenwillen bzw. der Patientenverfügung muss man bei den medizinischen Entscheidungen gerecht werden. Dies bedeutet, dass auch die Angehörigen, da es sich überwiegend um ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen handelt, mit in die Entscheidungen eingebunden werden”, meint Ploner.
Die Einbeziehung von Angehörigen ist ein wesentlicher Faktor für das Leben und Arbeiten in diesen Strukturen. Genau dies ist der Ansatz der partizipativen Gestaltung in den Alters- und Pflegeheimen, den das Forscherteam rund um die Studie “Seniorenheime in Isolation” empfiehlt.
Wie bereits Hippokrates wusste, erfordern “verzweifelte Zeiten verzweifelte Maßnahmen”. Für viele Bereiche wurden Maßnahmen und Regeln relativ schnell entwickelt, warum nicht für Alters- und Pflegeheime? “Etwa, weil Seniorinnen und Senioren keine Lobby haben? Warum handeln Landesrätin und Verband nicht?”, fragen sich Maria Elisabeth Rieder und Franz Ploner.